Extremadura

Unter Geiern - die besondere Art der Vogelfotografie

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Digiskoper werden bisweilen von Naturfotografen belächelt, wohl auch weil es ihnen schlicht an großvolumigen und schweren Telebrennweiten mit namhaften Marken wie Canon oder Nikon fehlt, Die Digiskopie besitzt jedoch ein Alleinstellungsmerkmal, das weitestgehend unterschätzt wird – händische Supertelefotografie, also mit Brennweiten von 800/1.000 mm oder mehr aus freier Hand zu digiskopieren.
Diese Form der Fotografie ist möglich, weil moderne Spektive mit schlanken Gehäusen und vergleichsweise wenig Linsen/Mechanik deutlich geringeres Gewicht auf die Waage bringen als Brennweiten von 500 oder 600 mm im konventionellen Fotosegment. Wir können sie in der freien Hand auch über längere Zeit halten. Der Nachteil von Spektiven liegt jedoch darin, dass ihnen ein Autofokus fehlt, wir die Schärfe komplett von Hand einstellen und nachführen müssen.
Wer dies übt, der wird mit einem Spektiv als ein handliches Supertele beschenkt, mit dem es sich aus ohne Stativ ordentlich arbeiten lässt. Paradedisziplin für Freihand-Teleaufnahmen ist die Vogelfotografie. Sie übt für viele Fotografen einen besonderen Reiz aus, auch weil sie technisch so anspruchsvoll ist.
Geeigneter Ort die digiskopalen Möglichkeiten auszuloten ist in Europa sicherlich der Montfrague-Nationalpark in der spanischen Extremadura. Dort kann ausgiebig an Geiern, Adlern oder auch Störchen probiert werden, mit welcher Technik wir zu ordentlichen Aufnahmen kommen. Die Tiere sind im Nationalpark an Touristen gewöhnt. Von festen Beobachtungspunkten können die Vögel in komfortablen Abständen von 70 bis 150 Metern digiskopiert werden. Hinzu kommt, dass der Aufnahmestandpunkt an einigen Plätzen auf Augenhöhe mit den imposanten Großvögeln ist.

Wesentliche Herausforderung in der Freihanddigiskopie ist die manuelle Scharfstellung. Sie erfolgt in zwei Schritten. Im Schritt 1 setzte ich einen Schärfepunkt im vermutlichen Anflugkorridor des Vogels. Dazu dienen mir Felsen in vergleichbarer Distanz. Der 2. Schritt besteht darin, über den Kamerasucher – mit einem unscharfen Vogel im Fokus - händisch nachzuziehen. Hilfreich ist hier (a) ein Gefühl für die Veränderung des Brennpunktes mit dem Grad der Fokussierung vorab zu bekommen und (b) die „richtige“ Fokussierrichtung in „Fleisch+Blut“ zu haben. Leider sind die Hersteller bzw. deren Prpdukte nicht standardisiert, also rechts-drehend = näher fokussierend. Für die Scharfstellung sehr dienlich ist einen großen Fokussierring zu haben. Die Firma Swarovski bietet mit dem STM 80, eines der wenigen Produkte mit einem leichtgängigen Fokussierring an. Viele Mitbewerber setzen auf Fokussierräder, welche zum Teil 2-gliedrig (grob und fein) funktionieren. Stativfreie Handhabung ist mit diesen Produkten sehr schwierig bis unmöglich.
Für Freihandaufnahmen ist ein Linsenadapter, welche eine dSLR fest mit dem Spektiv verbindet, dringend zu empfehlen. Alle namhaften Hersteller haben solche Adapter (wieder) in ihren Programmen.
Die Aufnahmen der Geier entstanden mit einem Swarovski STM 80, dem Telelensadapter TLS 800 und einer Nikon D 700. Da Geier höhere Temperaturen bzw. Temperaturunterschiede für die Nutzung von Thermik brauchen, sind Flugaufnahmen dieser imposanten Vögel möglichst im Nahbereich zu machen. Nahbereich bedeutet in diesem Fall unter 70 Meter. Darüber hinaus sind Hitzeschlieren deutlich auf der Aufnahme zu erkennen, welche sich auch mit einer Kontrastanhebung in der Bildbearbeitung nicht beseitigen lassen.
Für die Geierdisgikopie gilt – sofern sie nicht aus einem Versteck aus arbeiten wollen – dass sie sich gut sichtbar den Vögeln gegenüber zeigen. Tarnung ist hier der falsche Weg. Die Tiere kommen merklich näher, wenn ich meine Anwesenheit kenntlich mache. Die Tiere haben mich fast immer im Fokus, was die Digiskopien auch zeigen.
Wer sich einmal der Mühe freihändiger Digiskopie hingegegeben hat, wird sie immer wieder probieren wollen. Die Ergebnisse werden sehenswert und wer weiß, vielleicht probieren Sie sich irgendwann an Mauerseglern oder Libellen als Flugmotive.